The Private Cubicle - oder: Die Gewinnerin darf Pipi


Aah. Mal kurz abschalten. Alleine sein. Die Ruhe genießen. Wo kann man das besser als auf dem stillen Örtchen? Besonders bei der Arbeit lasse ich hier keine Hektik aufkommen und gönne meinen Augen eine Auszeit vom flimmernden Bildschirm. Diese Alleinzeit auf dem Thron lässt sich hervorragend zum Sinnieren nutzen. Ich durfte in der Vergangenheit schon häufiger feststellen, dass dieser undekorierte, einfache, kleine Raum mein präferierter Ort zum Nachdenken und Entscheidungen treffen geworden ist.

Es ist mir nicht erst einmal passiert, dass ich ganz verwirrt und mit Gedankenchaos im Kopf aufs WC gegangen bin und es mit in Ordner gehefteten Gedanken und einem Plan wieder verlassen habe. Natürlich muss es ein einigermaßen hygienisches Klosett sein und mich darf dort nichts ablenken. Sobald da Werbung hängt, wie im Kino oder Restaurants, wirds schon schwieriger. Wer also einen wichtigen Entschluss fassen muss oder ein kreatives Black-Out hat, der lasse sich einfach mal ein bisschen mehr Zeit auf dem stillen Örtchen.

Diese Erkenntnis überkam mich wohl an einem der vielen Male, an denen ich unverrichteter Dinge so da saß und nichts passierte. Ich habe das, was man im Volksmund wahrscheinlich am ehesten als "Pinkel-Blockade" bezeichnet. Sobald sich jemand in der Nachbarkabine befindet, oder noch schlimmer, vor der Tür wartet, weil es nur eine Toilette gibt, kann ich einfach nicht. So doll ich auch muss. Um niemanden zu enttäuschen, tu ich dann meistens so als ob, und verlasse die Toilette ganz und gar unerleichtert. Sind mehrere Kabinen da, warte ich meistens einfach so lange, bis die Luft am öffentlichen Örtchen wieder rein ist. Da kenn ich nichts. Wenn diese Herangehensweise aufgrund der großen Anzahl der Kabinen und einer hohen Mitmüsserinnen-Dichte mehrere Stunden dauern würde, passe ich den rechten Moment ab, in dem mehrere Damen gleichzeitig Spülung und Handfön betätigen und sich am besten noch laut unterhalten. Und dann läufts auch.

Ganz schlimm ist folgendes Szenario, welches ich bis zur Perfektion zu vermeiden gelernt habe: Man ist mit Freunden bei Freunden und will anschließend noch gemeinsam an einen beliebigen Ort. Alle haben sich schon im Flur eingefunden und ziehen Jacke und Schuhe an. Fiele mir in dieser Situation ein, dass ich eigentlich nochmal müsste, was es nicht tut, denn ich war natürlich schon 3 Mal, während alle auf dem Balkon rauchen waren oder gerade laute Musik lief, aber sollte dennoch plötzlich der Cocktail oder die große Cola schon wieder ordentlich in der Blase drücken, ignoriere ich diesen Umstand gekonnt und rigoros. Auch wenn die nächste Toilette erst nach 30 Minuten Bahnfahrt und circa 10 Minuten Anstehen wieder in greifbare Nähe rückt - würde ich in diesem Moment tatsächlich in Erwägung ziehen nochmal aufs Klo zu gehen, mit der wartenden und dann meist mucksmäuschenstillen Meute vor der Tür, ich würde mich selbst belügen.

Die Blockade nimmt nicht nur mit wachsender Zuhörerschaft, sondern auch mit steigender Unhygiene zu. In öffentlichen Toiletten gehört es ja quasi zum guten Ton, entweder die Klobrille mit einer dicken Toilettenpapierschicht auszulegen oder das kleine Geschäft im sogenannten "Frosch" zu verrichten, zu dem ich jedoch nicht "im Stande" bin. Nach meinen Erfahrungswerten ist letzterer wohl dennoch sehr beliebt. Die Entscheidung, welche Variante es diesmal sein darf, trifft sich meistens bereits von selbst, zumal viele Autobahnraststättentoiletten häufig gänzlich, sowohl auf Klobrillen, als auch Klopapier verzichten. Vor der Frage des "Wie?", stellt sich deshalb zunächst einmal die Frage des "Wo?" Welche von den dreien ist die am wenigsten eklige Kabine? Manchmal kommt man richtig ins Staunen, welcher Anblick sich dort so manches Mal bietet und mir schießt dann unweigerlich in den Kopf, dass eine Frau den Ort so verlassen haben muss.
Wie passiert sowas? Ich will ungern ins Detail gehen, aber dachte sich die Frau letztens im Tropical Islands der volle Tampon, den sie auf dem Boden fallen lassen hat, tritt sich fest oder hat sie vielleicht gar nicht erst gemerkt, dass er ihr abhandengekommen ist? Vielleicht war sie auch gar ganz etepetete und wollte sich mit sowas die Finger nicht schmutzig machen. "Dafür gibt's schließlich Personal", und "der Eintritt war schon teuer genug."
Wegen solcher und ähnlicher Vorkommnisse ist meine Handtasche auch immer ausreichend mir Desinfektionstüchern ausgestattet. Die hatte ich im Sauna-Bereich leider nicht dabei, weswegen ich mich per optischem Auswahlverfahren für die saubere Kabine 4 entschieden habe. 

Ich kann ja verstehen, wenn Toiletten in Bars und Clubs nicht ganz hygienisch bleiben können, sobald der Alkohol die Treffsicherheit und Orientierung negativ beeinflusst hat. Im nüchternen Zustand aber sollte eigentlich Jede in der Lage sein, sich einfach wie zu Hause hinzusetzen und ohne "Kleckern" für kleine Mädchen zu gehen. Der Haken an der Sache ist: Sobald das Eine nicht tut, können es alle Nachfolgenden auch nicht.

An dieser Stelle muss ich leider zugeben, dass auch ich mal eine Toilette unbrauchbar hinterlassen habe. Nachdem ich bereits fertig war und alles ordentlich hinterlassen habe, wollte ich die lose Klopapierrolle wieder an ihren Platz stellen. Leider kam ich irgendwie ins Straucheln und jonglierte gefühlt minutenlang mit der vollen Rolle, wie mit einer heißen Kartoffel. Entgegen meiner Hoffnungen landete die Rolle dann doch im Klo und ich konnte dabei zu sehen, wie sie sich langsam vollsog. Diverse Klorollen-Rettungs-Szenarien schossen mir durch den Kopf, aber Zange und Eimer waren gerade nicht zur Hand. Also habe ich möglichst unauffällig den Ort des Geschehens verlassen...musste aber noch sehr lange mit einem schlechten Gewissen an das Erlebnis denken.

Wo ich gerade so aus dem Nähkästchen plaudere, möchte ich mir noch die Geschichte der schlimmsten Toilette aller Zeiten von der Seele reden. Es war einmal in Florenz, hoch auf dem Berg an der Basilika San Miniato al Monte (extra ergoogelt). Nach einem tollen Picknick mit bester Aussicht auf die Stadt, musste ich mal und traute meinen Augen kaum als eben diese dort oben, am höchsten Ort der Stadt, das Toilettenzeichen erspähten. Als ich den Raum betrat, entpuppte sich das WC leider als dreckiges Loch im Boden. Meine Freude war schlagartig weg. Ich hab's wirklich versucht, aber nach circa 5 Minuten mit angehaltener Luft und eingeschlafenen Beinen über diesem Loch hockend, musste ich aufgeben. Seitdem weiß ich, dass ich noch ziemlich lange aushalten kann. Die nächste Toilette gab es dann erst nach 45 Minuten Fußmarsch in einem Restaurant im Tal. Wo kam mir wohl die Idee zu diesem Blog? Da war ich doch mal wieder kreativ hier. Blog-Post ist fertig, jetzt fehlt eigentlich nur noch eins. Eigentlich kann mich nichts mehr davon abhalten, da höre ich energische Schritte. Klack, Klack, Klack, Knall. Jetzt ist jemand in der Nachbarkabine. Wusch, ratsch, schhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh. Sie muss bereits während des Hinsetzens die Blase entspannt und somit das Auftreffen der Oberschenkel auf der Klobrille mit dem Lospinkeln synchronisiert haben. Bloß keine Zeit verlieren. Pupsen. Abwischen, Hosen hoch, spülen, Klack, Klack, Hände waschen, fertig. Ich sitze ganz perplex da, mit meinem schon vorgefalteten Toilettenpapier in der Hand und starre auf die blaue Kabinenwand, die uns gerade noch trennte. Die hat keine Pinkel-Blockade.

Solche "Begegnungen" hab ich ständig, aber ich sehe nie, wer hinter einem solchen 3 Sekunden-Niagara-Strahl steckt. Nach so einer sanitären Bloßstellung muss ich mich besonders konzentrieren und wende meine patentierte Atemtechnik an, um gleich auch erfolgreich das Örtchen des Geschehens verlassen zu können.

Aber was beschwer ich mich über eine solche Toiletten-Fluktuation? Damen von der schnellen Sorte muss es auch geben. Wären alle wie ich, würden drei Frauen minutenlang stumm in ihren Kabinen ausharren und abwarten bis die Erste aufgibt und die Zweite nachzieht. Die Gewinnerin darf dann Pipi. 

(Ja. Ich habe für diesen Text Synonyme für das Wort "Toilette" ergoogelt und konsequent benutzt.)


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