This is automatic - oder: Der beckenschlagende Affe


Manchmal sitze ich bei der Arbeit am Computer, analysiere die Implementierung visueller Methodiken für eine progressive Klientenrezeption, absolviere die Assimilation der Farbbereiche der zu veräußernden Produkte oder eruiere nur ganz banal die Lokation meines heutigen Déjeuners und denke dabei: 
„Fiderallala Fiderallala Fideralla lalala". 

Wo bitte hab ich das jetzt schon wieder aufgeschnappt und warum werde ich es nicht mehr los? Für Ohrwürmer scheine ich sehr empfänglich zu sein. Ein falsches Wort, eine vage Melodie oder gar ein Geräusch - eins ist sicher: Mein Gehirn bleibt daran hängen und macht sich im großen Archiv für Kompositionen jedweder Art auf die Suche nach dem passenden Musikstück, welches mich im Folgenden für mehrere Stunden durch den Tag begleiten wird.  

Life is Life

 

Mittlerweile habe ich es mir zur Aufgabe gemacht minutiös zurück zu verfolgen, woher das fragliche Liedgut diesmal stammt. Nicht immer liegt die Lösung so klar auf der Hand, wie nach einem Treffen mit Leif ("Nana nanana"). Erst vor zwei Wochen im Urlaub hatte ich eine besonders harte Nuss zu knacken. Ein außergewöhnlich hartnäckiges musikalisches Meisterwerk ließ mich nicht mehr los. Und so konstruiere ich als Ermittlerin den Fall:

Ich habe an besagtem Tage mehrere Stunden im Auto verbracht und hörte alle halbe Stunde die Nachrichten des hiesigen Radiosenders. In sorgsamer Regelmäßigkeit gelangte auf diese Weise das Wort "Lampedusa" an mein Ohr und bahnte sich seinen Weg in mein Hirn. Andere Menschen mögen Fakten und nützliche Informationen für das nächste ernsthafte Gespräch aus den Radionachrichten mitnehmen. Was bei mir davon hängen geblieben ist, geht ungefähr so: „Aaaauf einem Baum ein Kuuuuckuck.
Simsalabim bambasala dusala dim, aaauf einem Baum ein Kuckuck saß.“ Tatsächlich musste ich später bei meiner Begleitung nachfragen, was da eigentlich in Lampedusa passiert ist und kam mir bereits beim Stellen dieser Frage vor wie Homer Simpson mit seinem beckenschlagenden Affen im Kopf. Wenn schon die zwei Silben „dusa“ einen Ohrwurm in mir auslösen, gelte ich unter Fachärzten sicherlich schon als stark geschädigt. Bestimmt schon Stufe 3, wenn nicht gar 4.


Wild thing

Gut, dass niemand mithören kann, welche absurden Schädelplatten da teilweise in meinem Kopf aufgelegt werden. (Sorry, der war schlecht, aber musste sein) Obwohl ich manchmal schon gern wüsste, welches Lied der ein oder andere Mitmensch gerade intern trällert. Was wäre das für ein Lärm im Wartezimmer, wenn jeder seinen Ohrwurm laut vor sich hersingen würde. Oftmals nur eine Zeile, weil irgendwie kennt man nur die. „Atemlos! Durch die Nacht. Nanana nanana.“  Und wenn’s ganz Dicke kommt, summt man auch die Instrumente mit. 

Einer meiner häufigsten Ohrwürmer ist „Wild Thing“ von The Troggs. Mein Geschirrspüler macht beim Schließen genau das Geräusch mit dem „Wild Thing“ anfängt. Der Ohrwurm hält aber nur bis "you make my heart sing" und wird dann direkt vom nächsten abgelöst. Sobald ich den Geschirrspüler einschalte und das Programm „Automatic“ anwähle, mittlerweile reicht auch schon der Blick auf den Knopf, drückt jemand in meinem Kopf auf die Play-Taste (wahrscheinlich der Affe, der dafür kurz die Becken aus der Hand gelegt hat)

„This is automatic
Got no doubt about it
My mind is over matter
Can't get any better

And we know this is magic,
Nanananananana
Lalala bibabuda
Lalala Bliblablu blabla
Boombox.”
(Beatsteaks)

Bei genauerer Betrachtung werde ich von Experten sicher schon in den unheilbaren Schweregrad 5 eingestuft. 

Inzwischen bin ich dazu übergegangen, die Trigger besonders hartnäckiger Ohrwürmer zu meiden. So räuspere ich mich, wenn ich den Geschirrspüler schließe und wähle blind das Waschprogramm aus. Wehe dem, der kurz vor Feierabend das Wort „Feierabend“ in den Mund nimmt.  Auch wenn es keiner sagt, denke ich das Wort meistens doch und unweigerlich erwische ich mich nach ein paar Minuten, wie ich die „Pommersche aus dem Buchenrauch“ besinge und leicht hin- und her schunkel.  

Girl I want to make you sweat

 

Musik ist aber auch ein gemeines, aber feines Etwas. Ein schlichtes "Alalalalalong" reicht und wir stehen wieder auf der Tanzfläche der Kinderdisco und haben das Bedürfis uns noch eine Kaugummikugel in den Mund zu stecken, weil aus den anderen fünf schon der ganze Geschmack rausgekaut ist. Ich bekomme jedes Mal eine Gänsehaut, wenn Juli von der "Geilen Zeit" singt, die ich vor mittlerweile 10 Jahren mit den anderen Abiturienten im Kreis hüpfend erlebt habe. Wir halten also fest: Ohrwürmer verbinden. Manchmal ohne, dass man es merkt. Man ist mit dem Auserwählten im Auto unterwegs, dorthin, wo es schön ist, man geht spazieren, schlendert über den Flohmarkt, bis man letztendlich auf der Wiese im Park liegt, die bessere Hälfte sich zu einem dreht, tief in die Augen schaut und aus dem Nichts verlauten lässt: "Club Tropicana drinks are freeeeeeeeeeeee“. Mit purer Verblüffung schmilzt man dahin und stellt fest, dass man das auch gerade gedacht hat. Nach diesem Vorfall weiß man, dass man tatsächlich seinen Seelenverwandten gefunden hat...oder das Lied kam halt vorhin als letztes im Autoradio. Wer kann das jetzt schon noch nachprüfen?

Wer weiß, vielleicht ist das viele Gesinge im Kopf auch für irgendwas gut. Irgendwo hab ich mal gehört, dass Summen Stress vermeidet. Vielleicht trainiert es auch das Gehirn und schützt vor Demenz. Wenn das so ist, dann hat das Lesen dieses Blogs etwas für eure Gesundheit getan, denn ich könnte mir vorstellen, dass ihr euch in ein paar Minuten erwischt, wie ihr irgendwas eben Gelesenes vor euch her summt. Euer Hirn wird schon unterschwellig ein schönes Liedchen für den restlichen Tag auserkoren haben. Viel Spaß damit, ich mach jetzt Feierabend…wie das duftet, kräftig, deftig, würzig, gut. Pommersche aus dem Buchenrauch, naturgewürzt und das schmeckt man auch. Pommersche aus dem Buchenrauch, frisch auf den Tisch so ist's der Brauch.

EDIT: Das war ein Eigentor.

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